Von heute auf morgen wurde unser aller Alltag ausgelöscht. Viel zu schnell gelöscht sind unsere Termine, unsere Kalender. Viel zu schnell konfrontiert sind wir mit homeschooling, mit homeoffice.
Alle sind zu Hause. Alle betrifft es. Alle organisieren sich neu. Das verbindet, das schweißt zusammen, das öffnet auch Raum für ein neues Mit- und Zueinander. Vielen von uns wird ungeplant für eine ungewisse Zeit eben dieselbige geschenkt.
Als Familie geht dieses neue Miteinander bei uns nicht von heute auf morgen: 12 Tage sind unsere beiden Kinder und der Papa krank: Fieber, Husten, Schnupfen und die Frage: ist es Corona? Das Ergebnis: negativ. Erleichterung macht sich breit. Die Wäscheberge, das Bekochen, das Aufräumen, das Putzen bleiben konstant gleich. Die Tage des Kränkelns sind vorüber, müde und dankbar über die Genesung aller starten wir in Woche 3.
Jetzt erst bleibt Zeit, um zu erfassen, wie unser neuer Alltag aussehen wird. Unsere Kinder im Alter von 5 und 9 Jahren sind zu Hause, unser Jüngster spielt sich fröhlich und selig durch den Tag und unsere Tochter weiß, dass keine Ferien sind, dass schulische Arbeiten anstehen und stemmt dies bisher mit Bravour. Wir Eltern bemühen uns als Unterstützerin und Unterstützer, wenn notwendig. Gerne wird vergessen, dass auch und gerade für unsere Kinder alles anders ist. Und bei allem homeschooling, steht für uns im Vordergrund, dass sich die Kinder wohlfühlen, Antworten auf ihre Fragen bekommen und den neuen Alltag zu Hause mitgestalten können.
Als Moderatorin und Trainerin ist der Kalender für Mama bis auf wenige kleine Projekte bis zum Sommer ausgelöscht. Papa arbeitet in einem großen Vorarlberger Unternehmen, Urlaubsabbau und Kurzarbeit sind die Folge der Pandemie. Die neue Rollenaufteilung ist ohne Zutun gegeben: Mama kümmert sich um Kinder, Schule, Oma und Opa, Haushalt und Kochen und Papa übt sich in Calls, Terminen, als Mathelehrer und Unterstützer im Haushalt.
Wie sich das anfühlt? Fordernd, überrollt, ungewohnt, anders, neu.
Zeit lange darüber nachzudenken, ob die neuen Rollen so stimmig sind, bleibt nicht. Neben den notwendigsten geschäftlichen Telefonaten – zwischen Kochlöffel und Kinderfragen – wird in erster Linie organisiert, geplant, gebastelt, gelernt, gekocht und gebacken. Das Schöne? All dies bekommt jetzt den nötigen Raum und ausreichend Zeit. Es verlangsamt sich, wir entschleunigen, wir holen Luft.
Woche 3 überrascht uns: nach einem gemeinsamen Sammeln an Ideen für Zuhause, einem gemeinsamen Gespräch am Abend, wie der nächste Tag gestaltet sein wird, gelingt es bisher überraschend gut. Der tägliche Waldspaziergang über unserem Haus trägt sicherlich dazu bei und da kommt dieses immer wiederkehrende Momentum der Dankbarkeit: dankbar für die Gesundheit, dankbar für unsere Natur, unser Zuhause und unser Land, das vorbildliche Arbeit in diesen Krisentagen leistet.
Und ja, es gibt diese Momente, in denen uns die Luft wegbleibt und wir uns Corona wegwünschen. Es sind Momente, in denen diese Anspannung spürbar ist, die uns permanent sagt: durchhalten, es wird wieder – schon gut, aber wie, aber wann?
Und ja, dann liegen auch die Nerven blank, dann tut es gut, wenn sich jeder seinen Raum nimmt, um durchzuatmen und sich dann neu zu begegnen.
Und Ja, es fühlt sich nicht gut an, wenn der Kalender an Termine erinnert, auf die lange hingearbeitet wurde und die mit Freude verbunden sind.
Gemischt fühlt sich das alles an, hat etwas von einer einzigartigen Ausnahmesituation. Einzigartigkeiten sind auch Chancen.
Chancen über einen Alltag neu nachzudenken, der von heute auf morgen, so wie er war, ausgelöscht wurde. Chancen, den neuen Alltag anzunehmen und das Positive darin zu sehen. Chancen, die omnipräsente Solidarität erleben zu können, davon etwas weiterzugeben. Chancen, die große Bedeutung der Gesundheit noch bewusster zu machen. Chancen, über unsere Gesellschaft, über unseren Lebensstil nachzudenken.
Nehmen wir es an, machen wir etwas daraus, starten wir anders.
Nicht, wenn es vorbei ist, sondern just in diesem Augenblick.
Familie Ess, 1 Sohn 5 Jahre und 1 Tochter 9 Jahre
One Response
Danke Martina, für deine Reflexion der letzten Wochen. War eine Wohltat, deinen Worten zu folgen. Du sprichst mir aus der Seele. Werde versuchen künftig mehr den Fokus auf die Chancen zu lenken, denn chancenreich ist diese herausfordernde Zeit in der Tat. Dankeschön!